Vortrag
Montag, 28.4.2003, 17:00h
Zentrum für Vergleichende Geschichte Europas Koserstr. 20 (Raum A.336) Berlin-Dahlem

Dan Diner

Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem; Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für Jüdische Geschichte und Kultur, Leipzig

Zwischen Imperium und Nationalstaat

Neue Perspektiven jüdischer Geschichtsschreibung zum 19. und 20. Jahrhundert

Gesprächsleitung: Prof. Dr. Jürgen Kocka, Berlin

Die Geschichte der Juden als Paradigma einer integrierten europäischen Geschichtsschreibung zu sehen, eröffnet eine neue Perspektive: Sie qualifiziert die für die Lebenswelten der Juden signifikanten Formen von Transterritorialität, Transnationalität, Textualität und Mobilität. Die Moderne erscheint gleichsam als Zwischenepoche, ein von Verwerfungen gekennzeichneter Übergang von Imperien zu Nationalstaaten. Die Juden wären in dieser Konstellation gewissermaßen Seismographen ebenjener Verwandlungen. So haften den jüdischen Lebenswelten Spurenelemente der Vormoderne an, die in der Nachmoderne neue Bedeutung erlangen. Dies betrifft innere Verwandlungen, sogenannte Embleme der Zugehörigkeit, aber auch Rechtsformen, kollektive Formen der Repräsentation, beispielsweise die außerstaatliche Diplomatie. Insgesamt gilt es, mittels eines solchen Zugangs das Deutungspotential der Geschichte der Juden für eine sogenannte allgemeine Geschichte Europas auszuloten.

Dan Diner ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem. Seit 1999 ist er zudem auch Direktor des Simon-Dubnow-Instituts an der Universität Leipzig. Dan Diner ist Autor zahlreicher Publikationen zur Geschichte des 20. Jahrhunderts, darunter: Feindbild Amerika. Über die Beständigkeit eines Ressentiments (2002); Das Jahrhundert verstehen. Eine universalhistorische Deutung (1999); Kreisläufe. Nationalsozialismus und Gedächtnis (1995); Weltordnungen. Über Geschichte und Wirkung von Recht und Macht (1993).

Eine Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Zentrum für Vergleichende Geschichte Europas, Berlin