Vortrag
Samstag, 25.1.2020, 12:30h

Stephen Lowry

Stuttgart

Is Revenge a Dish Best Enjoyed ›Cool‹? Nähe und Distanz – Strategien der Emotionsdarstellung und -lenkung in DJANGO UNCHAINED

Die Filme von Quentin Tarantino lassen die wenigsten Leute kalt – sie provozieren, sie werden von Fans, Kritikern und Festivaljurys gefeiert, aber auch als gewalttätig, politisch fragwürdig und »trashig« abgelehnt. Wie sie mit Gefühlen umgehen, ist vielschichtig und in Bezug auf kulturelle Gefühlslagen interessant. Die Filme werden oft als postmodern bezeichnet, da sie von einem Spiel mit Verweisen und Stereotypen gekennzeichnet sind. Dabei ermöglicht es diese Art ›Pastiche‹ dem Publikum, eine distanzierte Haltung einzunehmen. So kann die Gewalt als fiktionale genossen werden, da sie von Genre-Mustern geprägt, übertrieben gestaltet und komisch gebrochen wird. Allerdings feiern die Filme auch Rachefantasien, die sorgfältig in die Erzählstruktur ein- und durch sie aufgebaut werden und sich in der meist exzessiven Gewalt am Schluss entladen, die als Wiederherstellung von Gerechtigkeit legitimiert wird. Dafür ist eine emotionale Einbindung der Zuschauerinnen und Zuschauer nötig. Filmische Muster tragen dazu bei, aber auch die Verankerung in einem moralischen System ist wichtig, vor allem, wenn es einen (mythisierten) historischen Hintergrund gibt. Letztlich bleiben die Filme aber hochgradig ambivalent, wobei die Funktion der Unterhaltung überwiegt und die Distanzierung – anders als Verfremdung – eine thematische Auseinandersetzung eher verhindert. Am Beispiel von DJANGO UNCHAINED lässt sich generell fragen, wie Film mit Emotionen umgeht, wie sie auf widersprüchliche Weise durch Figuren, Erzählung und Gestaltung gezeigt und hervorgerufen werden.

Stephen Lowry hat in San Diego, Göttingen, Madison und Bremen studiert und wurde 1990 in Bremen promoviert. Er lehrte und forschte zunächst in Braunschweig, Berlin, Oldenburg und Bremen, bevor er von 2000 bis 2018 Medienwissenschaft an der Hochschule der Medien, Stuttgart, unterrichtete. Ausgewählte Publikationen zur Filmgeschichte und -theorie: Der Filmstar (zus. mit Helmut Korte 2000); Pathos und Politik. Ideologie in Spielfilmen des Nationalsozialismus (1991); Mitherausgeber der Zeitschrift Montage AV.