Vortrag
Donnerstag, 7.2.2008, 15:15h

Erhard Stölting

Professor für Allgemeine Soziologie, Universität Potsdam

Entzauberung und Illusion. Wie sich Gesellschaften dynamisieren und stabilisieren

Die ungefähre Vorstellung, man könne Veränderungen aufhalten, ist eine der ersten Illusionen gewesen, die den Menschen Orientierung und Halt geben konnten. Das gilt unter anderen Umständen auch für die ungefähre Vorstellung, die Welt und die Gesellschaft könnten den vorhandenen Wünschen angepasst werden. Aufklärerisch war demgegenüber die Annahme, Nüchternheit, Pragmatismus und das Ende der Illusionierungen könnten wenigstens einige Veränderungsideen praktikabel machen. Aber im 20. Jahrhundert deutlich wurde deutlich, dass diese zugleich heroisch und anstrengend war, dass sie keine Mehrheiten gewann. Der Wunsch nach nüchterner Erkenntnis kann schließlich nicht mehr übersehen, dass Gesellschaften stärker über ihre Illusionen bewegt und instabil stabilisiert werden, als über Werte.

Erhard Stölting studierte 1962–1969 zunächst Germanistik, Romanistik, dann Soziologie, Psychologie, Politikwissenschaft und Philosophie an der Freien Universität Berlin. 1969 Diplom und 1974 Promotion in Soziologie. 1973–1983 Wissenschaftlicher Assistent und ab 1982 Akademischer Oberrat am Institut für Soziologie der Universität Erlangen-Nürnberg; 1982 Habilitation ebendort. Lehrstuhlvertretungen in Bayreuth und Bochum. 1985 Rückkehr an die Freie Universität Berlin als Professor für Soziologie; 1992–1994 Professor an der University of California at Berkeley. Seit Juni 1994 Professor für Soziologie an der Universität Potsdam. Zahlreiche Forschungsprojekte zur Mikrosoziologie. Wichtigste Veröffentlichungen: Mafia als Methode (1983); Akademische Soziologie in der Weimarer Republik (1986); Alltagsmoral in der Sowjetunion. Eine Leserbriefdiskussion in der Literaturnaja Gazeta (1987); Eine Weltmacht zerbricht. Nationalitäten und Religionen in der UdSSR (1991); Mit-Autor: „Ich glaube, es ist nicht mehr so ganz wie zu DDR-Zeiten“. Verwaltungskultur im Umbruch (1997); Mit-Autor: Bestandsaufnahme zur Prävention von Kriminalität, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit durch Expertenbefragung der Leiter der vor Ort bestehenden Gremien kommunaler Kriminalitätsverhütung im Land Brandenburg (2001); Mit-Hg.: Die Krise der Universitäten (2001); Mit-Hg.: Die Phantasie an die Macht? 1968 – Versuch einer Bilanz (2002). Zahlreiche Aufsätze und Rezensionen in Fachzeitschriften und Zeitungsbeiträge zu soziologischen Themen.