Vortrag
Freitag, 21.11.2014, 14:30h

Klaus Binder

De rerum natura. Zu einem Text, der Geistesgegenwart fordert

„Die Dinge sind es, die einander beleuchten“ – Mit seinem Poem führt uns Lukrez in eine uns fremd leuchtende, versunkene Denkwelt, in der Dichtomien wie Leib-Seele, Materie-Geist, (Natur-)Wissenschaft-Moral, die unser Denken prägen, noch nicht beherrschend sind. Ich möchte, meine gerade erschienene Übertragung kommentierend, zeigen, was es heißt, einen solchen Text zu „aktualisieren“. Lukrez hat diesen Text gegen Angst und Aberglauben (religio) geschrieben, und im Spiegel seines Texts erkennen wir, was unser Aberglaube ist: verabsolutierter Szientismus, ein den Sinnen feindlicher, die Natur beherrschender, rein technischer Umgang mit Natur und die komplementäre Katastrophenangst.

Klaus Binder, geboren 1946 in Frankfurt am Main, studierte Philosophie, Soziologie, Germanistik und Kulturwissenschaften und promovierte 1977 in Frankfurt am Main. Von 1984–91 war er Lektor im Luchterhand Verlag; 1991 gründete er das Textkontor: Konzept Text Lektorat Übersetzungen. Er arbeitet als freier Autor, Übersetzer, Lektor und Kommunikationsberater. Er ist der Herausgeber der Max Raphael Werkausgabe (4 Bände, 1983-85). Unter seinen zahlreichen Übersetzungen sind auch mehrere Bücher von Stephen Greenblatt, zuletzt Die Wende. Wie die Renaissance begann (2012) sowie nun die Neuübersetzung von Lukrez‘ De rerum natura / Von der Natur der Dinge im Galiani Verlag (2014).