Vortrag
Donnerstag, 11.12.2008, 18:15h

Rüdiger Zill

Einstein Forum, Potsdam

Blick nach vorn im Zorn. Zur Renaissance eines Gefühls

(Look Ahead in Anger. The Renaissance of an Emotion)

Nicht zuletzt durch die politischen Veränderungen der letzten Jahre motiviert, sehen wir uns einer großen Zahl von Veröffentlichungen gegenüber, die den Zorn als neue oder wieder gefundene emotionale Triebkraft entdeckt haben. Dabei gibt es eine Tendenz, den Zorn zu substantialisieren, ihn als eine Art ursprüngliche Triebkraft zu bezeichnen, die einzuhegen sei. Nicht umsonst wählt sich zum Beispiel André Glucksmann in seinem Buch Hass. Die Rückkehr einer elementaren Gewalt die Medea des Seneca als zentrale Personifikation dieses Gefühls, also den Fall in der wechselvollen Geschichte dieser Figur, den man als den Nullpunkt der Psychologie bezeichnen könnte. Das führt aber auch zur generellen Frage, inwieweit psychologische Theorien für eine Geschichte und auch für die Gegenwartsdiagnose von emotionalen Konstellationen eine Rolle spielen oder spielen sollten.

Rüdiger Zill, geb. 1958, studierte Philosophie, Geschichte und Soziologie in Berlin und London. 1994 Promotion an der Freien Universität Berlin mit der Arbeit Meßkünstler und Rossebändiger. Zur Funktion von Modellen und Metaphern in philosophischen Affekttheorien; 1994–1997 Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Technischen Universität Dresden. Seit 1997 Wissenschaftlicher Referent am Einstein Forum, Potsdam. 1996 Gastdozent an der New School for Social Research, New York; 2007 Research Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften, Wien. Neuere Publikationen: Hinter den Spiegeln. Zur Philosophie Richard Rortys (2001; Mit-Hg.); Gestalten des Mitgefühls (Hg., Schwerpunktthema von Berliner Debatte INITIAL, I/II 2006), Ganz Anders? Philosophie zwischen akademischem Jargon und Alltagssprache (Hg. 2007).