Vortrag
Donnerstag, 17.5.2018, 19h

Dr. Alena Rettová

Reader in Swahili Literature and African Philosophy, SOAS, University of London

African Philosophy as Radical Critique of Philosophy

Gesprächsleitung: Prof. Dr. Kai Kresse, New York

Afrikanische Philosophie hat sich erst Mitte des 20. Jahrhunderts als akademische Disziplin etabliert, kann aber bereits mit einer großen Zahl von Anthologien, Geschichten, Enzyklopädien und spezialisierten Monographien beeindrucken. Die Disziplin ist jedoch aus einer Identitätskrise entstanden, einer Krise, die sich bis in die Gegenwart fortsetzt und die ihr paradoxerweise ein aufregendes Potential verleiht: die Infragestellung der Natur und der Grundlagen der Philosophie selbst. Die afrikanische Philosophie stellt die Idee der Philosophie als universeller menschlicher Aktivität in Frage: Existiert Philosophie wirklich in allen menschlichen Gesellschaften? Was würde ihre Abwesenheit bedeuten? Ist Philosophie wirklich die vorurteilsfreie, ahistorische Art von Wissen, die sie sein will? Ist solches Wissen überhaupt möglich? Afrikanische Philosophie hinterfragt die Ursprünge der Philosophie und verlegt ihre “Wiege” von Griechenland nach Ägypten. Sie hinterfragt die Quellen und den Kanon der Philosophie: Ist Philosophie in der reinen Theorie zu suchen? Kann Philosophie in menschlichen Aktivitäten und Praktiken verkörpert werden? Können materielle Objekte und Artefakte Ausdruck von Philosophie sein? Sie hinterfragt die Methoden der Philosophie: Wenn Philosophie in Praktiken verkörpert werden kann, wie interpretieren wir diese Praktiken als Philosophie? Wenn Philosophie in Texten fiktionaler Natur zum Ausdruck kommt, wie lesen wir diese Texte philosophisch? Wie bringen wir diese verschiedenen Ausdrücke auf die gleiche Ebene wie das theoretische Denken? Müssen wir dies tun? Oder können wir vielleicht anders philosophieren? Schließlich lenkt die afrikanische Philosophie die Aufmerksamkeit auf die hermeneutischen Denkhorizonte und legt die kulturelle Grundlage jeder Philosophie offen. Dieser Vortrag eröffnet das weite Feld der radikalen Infragestellung innerhalb der afrikanischen Philosophie und schlägt mehrere Antworten vor, mit besonderem Fokus auf das Verständnis der Rolle von Sprache und Textgenre in der Philosophie.

Dr. Alena Rettová ist Reader in Swahili Literature and African Philosophy at the School of Oriental and African Studies (SOAS), University of London. Ihre Forschung konzentriert sich auf afrikanische philosophische Texte und spekulative Fiktion. Ihre neuesten Monographien sind Afrophone Philosophies: Reality and Challenge (2007) und Chanter l’existence: La poésie de Sando Marteau et ses horizons philosophiques (2013). Sie ist Herausgeberin eines Sonderhefts über afrikanische Philosophie des Journal of African Cultural Studies (2016).

Veranstaltung in englischer Sprache