Christian Borchert
Familienporträts 1983/1993
Christian Borchert (1942–2000) gehörte zu den ersten konzeptuell arbeitenden Fotografen der DDR. Dabei machte er es sich zum Prinzip, sich der Wirklichkeit behutsam zu nähern, Distanz zu wahren und alle Übertreibungen zu vermeiden. Nach Vorarbeiten in den siebziger Jahren begann er 1982 die Arbeit an einer umfangreichen Serie von Familienporträts, für die er mehr als 130 Familien in verschiedenen Regionen der DDR und aus unterschiedlichen sozialen Milieus in ihrem heimischen Umfeld aufsuchte. Seine Fotografien gaben aufschlussreiche Einblicke in ostdeutsche Wohnzimmer und hielten fest, wie die Menschen damals aussahen, wie zuversichtlich, entschlossen, heiter oder verbittert sie waren, welche Kleidung sie trugen, wie sie sich einrichteten, was ihnen wichtig war, was sie trennte und verband. Als Porträt der DDR-Gesellschaft fanden die Aufnahmen bereits damals große Aufmerksamkeit. Einige Jahre nach der friedlichen Revolution besuchte Borchert eine Reihe von Familien ein zweites Mal und fotografierte sie erneut. Die Gegenüberstellung von Aufnahmen beider Serien beleuchtet exemplarisch die sozialen Veränderungen, die der Zusammenbruch der DDR mit sich brachte, ebenso wie den natürlichen Wandel der Eltern-Kind-Beziehungen.
Das Einstein Forum zeigt im Zusammenhang mit der Tagung Why Grow Up? (11. bis 13. Juni 2015), Familienportraits aus den 1980er Jahren sowie die zehn Jahre später entstandenen Arbeiten als Gegenüberstellung.
Dr. Mathias Bertram, Publizist und Buchgestalter, seit 2003 künstlerischer Leiter des Lehmstedt Verlags. Herausgeber von mehr als 30 Fotobüchern, überwiegend zur ostdeutschen Fotografie.
Das im Lehmstedt Verlag erschienene Buch Christian Borchert: Familienporträts. Fotografien (1974-1994) liegt zur Ausstellung bereit.
Die Ausstellung ist vom 17. April bis 15. Juli 2015 zu sehen.
In Kooperation mit der Deutschen Fotothek in der SLUB Dresden im Rahmen des Archivs der Fotografen