Yvonne Ilg, Anke Maatz
Zwischen Linguistik und Medizin
Ein Bericht aus der interdisziplinären Praxis
»[D]er Hauptgrund, weshalb ich so gern über Interdisziplinarität rede (oder schreibe), ist, dass es viel leichter ist, mündlich oder schriftlich darüber zu reflektieren, als sie zu praktizieren.« So schreibt (bzw. spricht) die Linguistin Elisabeth Gülich über Das Alltagsgeschäft der Interdisziplinarität.
In unserem Vortrag wollen wir beides versuchen. Im interdisziplinären Tandem aus Sprachwissenschaft und Psychiatrie berichten wir aus drei unterschiedlichen Forschungszusammenhängen: einem medizinisch-linguistischen, partizipativ gestalteten Projekt zum Sprechen über psychische Erkrankung (www.drueberreden.ch), einer multidisziplinären Kollaboration an der Schnittstelle von Psychiatrie, Geschichte, Sprach- und Filmwissenschaft zum Schizophreniebegriff (www.schizophrenie.uzh.ch) und einer aktuell sich formierenden Initiative zum Themenfeld »Sprache und Medizin« an der Universität Zürich (www.language-and-medicine.uzh.ch). Dabei richten wir den Blick auf (Projekt-)Konzeptionen und den forschungspraktischen Alltag, diskutieren das Zusammenspiel und unterschiedliche Grade von Interdisziplinarität und Disziplinarität, analysieren aber auch quer zu den Fächern verlaufende Spannungsfelder – insbesondere das Verhältnis von Theorie- und Anwendungsorientierung. Wir öffnen unser Reflektionsfeld dann über die Interdisziplinarität hinaus zu partizipativer Wissenschaft und arbeiten zwei forschungskulturelle Grundhaltungen im Umgang mit Wissen heraus: Teilen (sharing) und Beanspruchen (claiming). Diese Charakterisierung nutzen wir abschließend, um Überlegungen zur konzeptionellen und interpersonellen Gestaltung interdisziplinärer Forschungsprozesse zu verbinden.
Yvonne Ilg hat Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft, Geschichte und Populäre Kulturen in Zürich und Berlin studiert. Ihre Dissertation ist in einem interdisziplinären Forschungsumfeld entstanden und trägt den Titel Schizophrenie in der Alltagssprache. Eine linguistische Begriffsgeschichte 1908–2009. Seit 2019 ist sie Seminar-Oberassistentin der Abteilung Linguistik am Deutschen Seminar der Universität Zürich. Sie hat das DFG-Netzwerk Linguistik und Medizin (https://www.linguistik-medizin.net) und die UZH-Forschungsinitiative Language&Medicine (https://www.language-and-medicine.uzh.ch/de.html) mitbegründet, die sie beide im Verbund koordiniert. Aktuell leitet sie zusammen mit Anke Maatz und Henrike Wiemer das partizipative Projekt Drüber reden! Aber wie? (https://drueberreden.ch).
Ausgewählte Publikationen: »The Ins and Outs of ›Schizophrenia‹: Considering Diagnostic Terms as Ordinary Linguistic Expressions« (Mit-Autorin, 2020, Journal of Medical Humanities); Linguistische Kulturanalyse (Mit-Hg. 2019); »Wissenschaftliches Netzwerk ›Linguistik und Medizin‹« (Mit-Autorin, 2017, Zeitschrift für germanistische Linguistik).
Website: www.ds.uzh.ch/p/ilg
Anke Maatz hat Philosophie und Medizin in München, Heidelberg, Jena und Durham, U.K., studiert. In Durham war sie mit dem Centre for Medical Humanities affiliiert; seitdem ist sie neben ihrer klinischen Tätigkeit in der Psychiatrie in diesem Forschungsbereich aktiv. Seit 2019 leitet sie die Nachwuchsarbeitsgruppe Humanities in Mental Health (https://www.dppp.uzh.ch/en/researchgroups/juniorresearchgroups/humanities-in-mental-health.html) an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. In Zürich hat sie auch die UZH-Forschungsinitiative Language&Medicine mitbegründet und leitet aktuell zusammen mit Yvonne Ilg und Henrike Wiemer das partizipative Projekt Drüber reden! Aber wie? (s.o.).
Ausgewählte Publikationen: »The Ins and Outs of ›Schizophrenia‹: Considering Diagnostic Terms as Ordinary Linguistic Expressions« (Mit-Autorin, 2020, Journal of Medical Humanities); »Diagnosis as Dialogue« (Mit-Autorin, 2020, Dialogues in Clinical Neuroscience); »Wald, Wahn und Wirklichkeiten: Die Summe meiner einzelnen Teile (2011)« (Mit-Autorin, im Druck, M. Poltrum u.a. (Hg): Wahnsinns-Geschichten).