Heinz Bude
Zur Physiognomie der Jetztzeit. Bürgerlichkeit in der Bundesrepublik
Man will wieder Bürger sein, findet sich aber in einer Gesellschaft von Kleinbürgern wieder. Wo, so fragt sich der Bürger der Bundesrepublik, sind die Modelle, nach denen man sich richten kann, um die Bürgergesellschaft zu verkörpern, die den Wohlfahrtsstaat ablösen soll? Gibt es in der Generationengeschichte der Bundesrepublik Beispiele bürgerlichen Handelns? Die Suche könnte beginnen bei den um 1900 geborenen Weimarer Restbürgern, die den kulturellen Wiederaufbau nach 1945 in die Hand genommen haben. Ihnen folgten die skeptischen Neubürger aus der um 1928 geborenen Flakhelfer-Generation, die es sich zu Aufgabe gesetzt haben, dem historischen Abbruchunternehmen der Bundesrepublik einen Sinn zu geben. Die vorläufig letzte Generationsgestalt westdeutscher Bürgerlichkeit bilden die Appellbürger aus der älter gewordenen 68er-Generation. Deren nachgeholte Bürgerlichkeit stellt Joschka Fischer dar, der ehemalige Antiquar der Frankfurter Karl-Marx-Buchhandlung und jetzige Außenminister der Bundesrepublik Deutschland.
Heinz Bude studierte Soziologie, Philosophie und Psychologie in Tübingen und Berlin. Der Promotion mit einer Arbeit über die Wirkungsgeschichte der Flakhelfer-Generation (1986) folgte 1994 die Habilitation mit einer Schrift zur Herkunftsgeschichte der 68er-Generation. Seit 1992 ist er am Hamburger Institut für Sozialforschung tätig, ab 1997 als Leiter des Bereichs »Die Gesellschaft der Bundesrepublik«. Seit 2000 hält er den Lehrstuhl für Makrosoziologie an der Universität Kassel. Publikationen (u.a.): Westbindungen. Amerika in der Bundesrepublik (1999), Die ironische Nation. Soziologie als Zeitdiagnose (1999) sowie Generation Berlin (2001).