Vortrag
Freitag, 30.1.2009, 14h

Eva Illouz

Professor of Sociology, Hebrew University Jerusalem, z. Zt. Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin

Who’s to Blame? The Transformation of the Moral Structure in Sexual Betrayal

Vergleicht man Erzählungen über eheliche Untreue aus dem 19. Jahrhundert mit solchen von heute, so zeigt sich an den gegenwärtigen Berichten ein Mangel an moralischer Klarheit. Sie deuten stattdessen auf eine signifikante Veränderung der moralischen Schuldstruktur in Liebesbeziehungen. Oberflächlich gesehen scheint der Grund dafür offensichtlich: Moderne Intimbeziehungen sind auf vertragsmäßiger Freiheit begründet, und eine solche Freiheit schließt die Möglichkeit, jemanden für seine Seitensprünge moralisch zur Verantwortung zu ziehen, von vornherein aus. Damit ist jedoch die Abwesenheit von moralischer Zurechnungsfähigkeit in Liebesdingen nicht hinreichend erklärt, denn dadurch wird nicht deutlich, warum sich die Struktur der Schuldzuweisung komplett verschoben hat. Getadelt wird nicht mehr der Betrüger, sondern der Betrogene. Der Vortrag versucht die Frage zu beantworten, warum diese Umkehrung der moralischen Einschätzung stattgefunden hat.

Eva Illouz ist Professorin für Anthropologie und Soziologie an der Hebräischen Universität in Jerusalem und zur Zeit Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Sie wurde 1991 an der University of Pennsylvania promoviert. 2004 war sie Gastprofessorin in Princeton; im selben Jahr hielt sie die Adorno-Vorlesungen in Frankfurt am Main. Ausgewählte Veröffentlichungen: Der Konsum der Romantik. Liebe und die kulturellen Widersprüche des Kapitalismus (2003); Gefühle in Zeiten des Kapitalismus (2006); Saving the Modern Soul: Therapy, Emotions, and the Culture of Self-Help (2008).

Veranstaltung in englischer Sprache