Matthias Glaubrecht
»Well worth examining …«
Vom Anfang und Ende der Arten auf Archipelen
Inseln sind seit jeher Naturlaboratorien, in denen uns die Natur Anschauungsunterricht in Sachen Evolution und Entstehung neuer Arten gibt. Das haben als Erste reisende Naturforscher im 19. Jahrhundert – wie etwa Charles Darwin auf dem Galapagos-Archipel und Alfred Russel Wallace im Indo-Malaiischen Insel-Archipel – erkannt. Aber auch insulare Lebensräume des Festlands – etwa große isolierte Süßwasserseen in den Tropen oder Flüsse auf dem australischen Kontinent mit ihrer oft einzigartigen und endemischen Fauna – sind gleichsam evolutionäre Mikrokosmen. In solchen Werkstätten der Evolution lassen sich die Vorgänge beim Werden und Wandel der Arten wie unter ei-nem Brennglas gebündelt beobachten und mittels neuester Methoden biosystematischer Forschung untersuchen. Dabei liefern etwa Süßwasserschnecken in den geologisch alten Seen der indonesischen Insel Sulawesi wichtige Einblicke in Darwins »Geheimnis der Geheimnisse« – jene lange rätselhaften Fragen, wie und warum sich immer wieder neue Arten bilden. Dieser Speziation und Radiation verdankt die gesamte Vielfalt des Lebens ihre Existenz und Fülle. Doch die Biodiversität nicht nur, aber gerade auf Inseln gefährden wir heute in einem nie zuvor gekanntem Maß, da mit dem Anthropozän (der »Menschenzeit«) eine wachsende Menschheit zum entscheidenden Evolutionsfaktor auf der Erde geworden ist.
Matthias Glaubrecht ist Evolutionsbiologe, Biosystematiker und Wissenschaftshistoriker. Er ist Professor für Biodiversität der Tiere an der Universität Hamburg, wo er von 2014 bis 2020 als Gründungsdirektor das Centrum für Naturkunde (CeNak) leitete. Im Jahr 2021 fusioniert das CeNak mit dem Zoologischen Forschungsmuseum in Bonn zum neugegründeten Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandel (LIB), an dem Glaubrecht als stellvertretender Generaldirektor und Direktor des Zentrums für Wissenstransfer für den Neubau eines »Evolutioneum« in Hamburg verantwortlich ist. Zudem ist er Co-Direktor der DFG-Kollegforschungsgruppe »Imaginarien der Kraft« an der Universität Hamburg. Glaubrecht war zuvor bis 2014 Kurator am Museum für Naturkunde in Berlin, wo er zudem von 2006 bis 2009 als dessen Leiter die Forschungsabteilung aufbaute und maßgeblich an der Neukonzeption von Dauer- und Sonderausstellungen mitwirkte. Ausgewählte Publikationen: Das Ende der Evolution. Der Mensch und die Vernichtung der Arten (2019); Abenteuer am Amazonas und am Rio Negro. Alfred Russel Wallace (2014); Am Ende des Archipels. Alfred Russel Wallace (2013); Es ist, als ob man einen Mord gesteht. Ein Tag im Leben des Charles Darwin. Ein biografisches Porträt (2009); Seitensprünge der Evolution. Machos und andere Mysterien der Biologie (2005); Die ganze Welt ist eine Insel. Beobachtungen eines Evolutionsbiologen (2002); Der lange Atem der Schöpfung (1995).
S.a. https://www.cenak.uni-hamburg.de/uebercenak/mitarbeiter/glaubrecht.html