Von der Verleugnung des Holocaust zum Bekennen. Über Rechte in KZ-Gedenkstätten und Erinnerungskultur
Volkhard Knigge
Von der Verleugnung des Holocaust zum Bekennen. Über Rechte in KZ-Gedenkstätten und Erinnerungskultur
Erinnerung ist zu einem politischen und pädagogischen Zauberwort geworden. Wer Erinnerung sagt oder fordert, scheint automatisch die (selbst-)kritische, aufklärungs- und wahrheitsbezogene, menschenrechtlich fokussierte Auseinandersetzung mit Geschichte zu meinen, die nicht hätte passieren dürfen (Hannah Arendt). Diese normative Aufladung von Erinnerung blendet nicht nur die Entstehungsgeschichte des selbstkritischen Paradigmas nach 1945 aus und die unauflösliche Verschränkung von historischer Erinnerung und Macht. Sie ignoriert auch, wie unterschiedlich Erinnerung die Deutung von Vergangenheit und die Bestimmung von Zukunft prägen kann: So ist es nicht nur möglich, an Auschwitz im Sinne des „Nie wieder!“ zu gedenken. Es kann auch, mit identifikatorischem Rückbezug auf den Nationalsozialismus, als vorbildliche Tat erinnert werden. Prägte Holocaust-Leugnung die Haltung extrem Rechter in der Vergangenheit, finden sich heute vermehrt Hinweise auf Holocaust-Bekennen, flankiert von völkisch-autoritären Adaptionen kulturwissenschaftlicher Konzepte von Gedenken. Wie funktioniert dies und was lässt sich der Vorstellung von Erinnerung als Zauberwort entgegensetzen?
Volkhard Knigge ist Historiker und Geschichtsdidaktiker mit psychoanalytischer Ausbildung. Er war Professor für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Er hat die Entwicklung der Erinnerungskultur in Deutschland maßgeblich mitgeprägt. Zuletzt erschien das Buch Jenseits der Erinnerung – Verbrechensgeschichte begreifen (2022).