Bernd Greiner
The Second Founding of the United States, 1937-1947
10 Jahre nur – und das Land war kaum mehr wiederzuerkennen. Ende der 1930er Jahre scheiterte das »Ludlow Amendment«, demzufolge die US-Regierung allein mit der Rückendeckung eines öffentlichen Referendums Truppen entsenden und einen Krieg hätte erklären dürfen, knapp im Kongress – 1947 wurde mit dem National Security Act ein Gesetz verabschiedet, welches die parlamentarische Kontrolle über Krieg und Frieden de facto aushebelte. In den späten 1930er Jahren waren Rüstungsindustrielle und ihre politischen Partner als »merchants of death« verschrien – wenige Jahre später kämpfte eine große Koalition aus Gewerkschaftern, Groß- und Kleinunternehmern, Stadträten und Bürgerrechtsorganisationen für den Erhalt von Waffenschmieden. Ende der 1930er Jahre gehörten Sozialisten und Kommunisten zum politischen Spektrum, ungeliebt zwar, aber toleriert – eine Dekade reichte, um in ihnen eine tödliche Bedrohung der nationalen Sicherheit zu sehen. Die Liste der Beispiele ließe sich schier endlos erweitern. Sie illustrieren in ihrer Summe einen fundamentalen Wandel, der noch immer Rätsel aufgibt. Wie es scheint, greift eine nur auf Parteien, Parlamente und Präsidenten fixierte Ursachendiskussion zu kurz. Gefordert ist eine um die Geschichte von Emotionen erweiterte Betrachtung, allem voran die Thematisierung von Ängsten und zivilgesellschaftlichen »Angstunternehmern«.
Bernd Greiner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger Institut für Sozialforschung, Außerordentlicher Professor für Zeitgeschichte an der Universität Hamburg und Leiter des Berliner Kollegs Kalter Krieg | Berlin Center for Cold War Studies. Zu seinen jüngsten Buchveröffentlichungen zählen: 9/11. Der Tag, die Angst, die Folgen (2011); Die Kuba-Krise. Die Welt an der Schwelle zum Atomkrieg (2010) und Krieg ohne Fronten. Die USA in Vietnam (2007).