Susan Neiman
The Resilience of Jean Améry
Amérys Essay über Intellektuelle in Auschwitz ist wahrscheinlich sein berühmtestes Werk. Vordergründig handelt es sich um eine biografische Beschreibung, warum Intellektuelle wie Améry, die humanistischen Werten verpflichtet waren, das Überleben von Auschwitz schwieriger fanden als andere. Vor allem aber deutet der Essay auf düstere Weise an, dass der Intellekt selbst dem weltbedrohenden Bösen nicht gewachsen ist. Warum und wie hat Améry später dennoch so eindringliche Verteidigungsreden der Aufklärung geschrieben? Ich werde versuchen, diese Fragen zu beantworten, indem ich Amérys vorausschauende Kritik an zwei zentralen Denkern der Gegenaufklärung im 20. Jahrhundert, Adorno und Foucault, erörtere.
Susan Neiman ist Direktorin des Einstein Forums. Sie wurde in Atlanta, Georgia, geboren und studierte Philosophie an der Harvard Universität und der Freien Universität Berlin. Professuren hatte sie an den Universitäten Yale und Tel Aviv inne. Zu ihren Büchern, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden, gehören Slow Fire. Jewish Notes from Berlin (1992), The Unity of Reason. Rereading Kant (1994), Evil in Modern Thought (2004), Fremde sehen anders (2005), Moral Clarity. A Guide for Grown-up Idealists (2008), Why Grow Up? Subversive Thoughts for an Infantile Age (2016), Widerstand der Vernunft. Ein Manifest in postfaktischen Zeiten (2017) and Learning from the Germans. Race and the Memory of Evil (2019). Zudem hat sie mehr als einhundert Essays veröffentlicht. 2022 hat sie die renommierten Tanner Lectures an der Universität Cambridge und die Gifford Lectures an der Universität Edinburgh gehalten.