Lecture
Friday, Dec 12, 2003, 2:30 PM

Rüdiger Zill

Medea vs. Odysseus. Models of Emotion

Gefühle scheinen das Allerprivateste zu sein und dennoch wird öffentlich über sie gesprochen; sie erscheinen als Besonderes und sind dennoch allgemein; kaum etwas gilt uns als konkreter als unsere Emotionen und dennoch werden sie zum Gegenstand eines abstrakten Diskurses. Selbst am Ort ihrer größten Abstraktion, in philosophischen Affekttheorien, sollen sie sichtbar werden, Theorie erklimmt die Bühne des Theaters. Zwei Figuren werden dabei immer wieder in besonderem Maße zu philosophischen Repräsentationen von Emotionen: Medea, die ihre Leidenschaften nicht beherrschen kann, und Odysseus, der dazu fähig ist. Beide werden zu Modellen der Affektbeherrschung, sie sind Fleisch gewordene Zivilisationstheorie. Dabei stehen sie von Euripides über Seneca und Corneille bis zu Horkheimer und Adornos “Dialektik der Aufklärung” in einem je unterschiedlichen Verhältnis zu der Theorie, die sie vertreten.

Rüdiger Zill, geboren 1958, studierte Philosophie, Geschichte und Soziologie in Berlin und London. 1994 Promotion in Berlin mit der Arbeit Meßkünstler und Rossebändiger. Zur Funktion von Modellen und Metaphern in philosophischen Affekttheorien. 1994-1997 Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Technischen Universität Dresden. Seit 1997 Wissenschaftlicher Referent am Einstein Forum, Potsdam. Neuere Publikationen u.a.: Hinter den Spiegeln. Zur Philosophie Richard Rortys,Frankfurt/Main 2001 (Mit-Hg.); zahlreiche Veröffentlichungen zu Ästhetik, Kulturtheorie und zur Geschichte des Wissens; Mitherausgeber der Reihe Erbschaft unserer Zeit in der edition suhrkamp.