Sander Gilman
How Did Racism and Anti-Semitism Become Mental Illnesses?
Im Jahr 2012 berichtete ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern der Universität Oxford über ein Experiment, das ergab: Bei einigen Probanden konnten vorhandene rassistische Neigungen durch den Gebrauch von Drogen unterdrückt werden. Kurz darauf bezog sich ein Artikel im Time Magazine auf dieses Experiment und fragte: Wird Rassismus bald eine Geisteskrankheit sein? Die Idee ist aber nicht neu. Sie hat ihre Wurzeln in den Genealogien von Rasse und Rassismus als psychopathologische Kategorien, wie sie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa und den USA im Umlauf waren. Von den ersten Zionisten über Sigmund Freud und Theodor W. Adorno bis zu Frantz Fanon zieht sich eine Tradition, die Rassismus als eine Geisteskrankheit betrachtet. Welche Konsequenzen ergeben sich aber aus solch einer Einschätzung?
Sander Gilman ist seit 2005 Professor of the Liberal Arts and Sciences and Medicine an der Emory University in Atlanta. Zuvor lehrte er u.a. an der Cornell University, an der University of Chicago und der University of Illinois in Chicago, zudem war er von 2007 bis 2012 Professor am Institute for the Humanities, Birkbeck College, sowie von 2010 bis 2013 Gastprofessor an der University of Hong Kong. Zu seinen neusten Publikationen zählt: Obesity. The Biography, 2010 und The Third Reich Sourcebook (hrsg. zus. mit Anson Rabinbach).