Dieter Thomä
Geld und Gefühl im Film. Erich Stroheims GREED und seine Nachfolger
Der Vortrag bewegt sich an der Grenze zwischen Sozialphilosophie und Ästhetik und erkundet die Lebensformen und Kunstformen, die sich in einer vom Geld beherrschten Gesellschaft entwickeln. Es geht dabei um die Inszenierung der Interaktion zwischen Menschen, die von »Ichsucht« (Robert Musil) gezeichnet sind, um die Gier nach Geld, die alle anderen Wünsche und Gefühle übertrumpft, um das Machtgefühl des Geldmenschen und das Ohnmachtsgefühl desjenigen, der zur Ware wird. Darüber hinaus wird die Frage gestellt, ob das Kamera-Auge und der Blick des Zuschauers als Komplizen oder aber als Gegner der Geld- und Warenwirtschaft anzusehen sind. Diskutiert werden Beispiele aus der Filmgeschichte von Erich von Stroheims GREED bis zu Oliver Stones WALL STREET. Die theoretischen Bezüge reichen von Marx über Simmel, Benjamin und Kracauer bis zu Michael Taussig.
Dieter Thomä, geboren 1959, war nach einem Volontariat an der Henri-Nannen-Journalistenschule Redakteur beim Sender Freies Berlin, studierte in Berlin und Freiburg i.Br. und lehrte nach der Promotion 1989 in Paderborn, Rostock, New York, Berlin und Essen. Preis für Essayistik beim Internationalen Joseph-Roth-Publizistikwettbewerb Klagenfurt 1996, Habilitation 1997. Seit Herbst 2000 ist er Professor für Philosophie an der Universität St. Gallen, 2002–2005 war er dort Dekan der Kulturwissenschaftlichen Abteilung, seit 2003 ist er Mitherausgeber der Reihe Zur Einführung des Junius Verlags. Er war Fellow am Getty Research Institute in Los Angeles (2002/3), am Max Weber Kolleg in Erfurt (2007/8) und am Wissenschaftskolleg zu Berlin (2009/10) sowie Gastprofessor an der University of California at Davis (2012) und an der Brown University, Providence (2013). Seine Arbeitsschwerpunkte sind Sozialphilosophie, Ethik, Kulturphilosophie, politische Philosophie, Phänomenologie. In all diesen Bereichen treibt ihn eine Frage um: die sokratische Frage, »wie zu leben sei«. Neuere Veröffentlichungen: Warum Demokratien Helden brauchen. Plädoyer für einen zeitgemäßen Heroismus (2019); Puer robustus. Eine Philosophie des Störenfrieds (2016); Der Einfall des Lebens. Theorie als geheime Autobiographie (mit Ulrich Schmid und Vincent Kaufmann, 2015). Väter. Eine moderne Heldengeschichte (2008); Totalität und Mitleid. Richard Wagner, Sergej Eisenstein und unsere ethisch-ästhetische Moderne (2006).