El Hadji Ibrahima Diop
Auf der Spur der Aufklärung südlich der Sahara
Ist die Aufklärung ausschließlich ein europäisches Phänomen? Ist sie nur, was Kant unter dem Jahrhundert Friedrichs subsumierte? Was bedeutet für unsere Zeit die Frage des Königsberger Denkers, der einst schrieb: „Leben wir jetzt in einem aufgeklärten Zeitalter?“ und selbst darauf geantwortet hat: „Nein, aber wohl in einem Zeitalter der Aufklärung.“ Kants Definition impliziert zwei Schlüsselbegriffe: Prozesshaftigkeit und Unabgeschlossenheit aufklärerischen Denkens.
Zwischen der europäischen Renaissance und dem vorkolonialen 18. Jahrhundert stellten sich auch in Afrika Denker, Politiker und Staatsmänner Fragen, die für die Konstituierung einer Moderne in ihren Ländern bestimmend sind. In diesem Zusammenhang sind Klärungsprozesse über das wissenschaftliche Instrumentarium notwendig. Dennoch gehe ich von der Annahme aus, dass in Afrika südlich der Sahara ein elaboriertes, rationales, intellektuelles Denksystem, das wichtige Fragen über Staatsformen stellte, entwickelt worden ist. Der Vortrag ist die Fortsetzung einer Debatte, die ich im Winter 2015 als Fellow im Wissenschaftskolleg zu Berlin geführt habe.
El Hadji Ibrahima Diop ist Professor für deutsche Literatur und ihre Didaktik an der Université Cheikh Anta Diop de Dakar, Senegal, und zzt. Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Er studierte Germanistik an der Universität Leipzig und habilitierte sich an der Universität Gesamthochschule Essen. Zuletzt von ihm erschienen ist: Racialité et Rationalité. De l’altérité de l’Afrique noire en Allemagne au siècle des lumières; Paris, 2015
Iwan-Michelangelo D’Aprile hat an der Universität Potsdam die Professur für Kulturen der Aufklärung inne und ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Germanistik.