Vortrag
Donnerstag, 16.5.2024, 19:00h

Mitchell G. Ash

Professor em. für Geschichte der Neuzeit, Universität Wien

Eine politische Wissenschaftsgeschichte

Die Max-Planck-Gesellschaft im Prozess der deutschen Vereinigung

Gesprächsleitung: Frank Bösch, Potsdam

Präsenzveranstaltung im Einstein Forum
Auch im Live-Stream via Zoom (hier registrieren)

Nach wie vor scheint die Auffassung verbreitet zu sein, dass Wissenschaft und Politik nichts miteinander zu tun hätten. Dem entgegen stehen die große Bedeutung von wissenschaftlicher Expertise in politischen Entscheidungsfindungen sowie die Tatsachen, dass Forschung ohne staatliche oder wirtschaftliche Förderung kaum denk- oder machbar ist und dass Machtverhältnisse auch innerhalb wissenschaftlicher Institutionen bestehen. Daher ist Max Webers Gegenüberstellung von „getrennten Sphären“ der Macht und der Wahrheitsfindung als Wertehaltung zwar durchaus vertretbar, aber rein empirisch nicht haltbar. Vielmehr ist die (angestrebte) Autonomie der institutionalisierten Wissenschaft historisch betrachtet kein Wert an sich und schon gar keine Selbstverständlichkeit, sondern Ergebnis von Verhandlungen zwischen zweierlei Machtblöcken. In politischen Umbruchzeiten wird dies besonders gut sichtbar, weil in solchen Situationen Wissenschaft und Politik „moving targets“ werden können. Ausgehend von der Frage, wie eine politische Wissenschaftsgeschichte jenseits der Fixierung auf die Gesinnungen der Akteure zu schreiben ist, analysiert der Vortrag das Zusammenspiel von Politik und Wissenschaft am Beispiel der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) im Prozess der deutschen Vereinigung: Welche Rolle spielte die MPG in der Festlegung der Wissenschaftspolitik als Ausdehnung bundesdeutscher Strukturen auf Ostdeutschland? Wie und auf wessen Kosten nutzte sie die großen Chancen, die diese Politik ihr bot?

Mitchell G. Ash ist emeritierter Professor für Geschichte der Neuzeit mit Schwerpunkt Wissenschaftsgeschichte an der Universität Wien und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften sowie der Europäischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Schwerpunkte seiner Forschung sind die Verbindungen von Wissenschaft, Politik, Gesellschaft und Kultur vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart