Irene Albers, Heike Behrend
Autobiografie – Ethnologie – (Phantom) Afrika
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Irene Albers, Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Freie Universität Berlin, und
Heike Behrend, Professorin em. für Afrikanistik, Universität zu Köln
im Gespräch mit Iris Därmann, Professorin für Kulturtheorie und Kulturwissenschaftliche Ästhetik, Humboldt-Universität zu Berlin.
Unter dem Titel »Menschwerdung eines Affen« hat Heike Behrend eine »Autobiografie der ethnografischen Forschung« geschrieben. Darin erzählt sie von ihren Reisen nach Kenia und Uganda in den Jahren 1978 bis 2011; es sind – wie sie selbst das Genre nennt – »autobiografische Feldforschungsberichte«, auch eine Geschichte von »eher unheroischen Verstrickungen und kulturellen Missverständnissen, Konflikten und Fehlleistungen«.
1934 erschien Michel Leiris’ »Phantom Afrika«, das nun auch in einer neuen deutschen Übersetzung und in erweiterter Ausgabe, herausgegeben von Irene Albers, erschienen ist. Der in Form eines Tagebuchs überlieferte Bericht seiner Feldforschungen ist auch als Vorbild für eine experimentelle Ethnografie in der ersten Person betrachtet worden. Aus heutiger Sicht bietet das von Surrealismus und Psychoanalyse inspirierte Tagebuch des Sekretärs der legendären, staatlich finanzierten Forschungs- und Sammlungsreise von Dakar nach Djibouti (1931–1933), der ersten und größten dieser Art, grundlegende Einsichten in die Paradoxien der Feldforschung im kolonialen Zeitalter.
Zwei europäische Blicke auf Afrika, aus zwei verschiedenen Jahrhunderten, an die sich gleichwohl ähnliche Fragen stellen lassen: Im Gespräch mit Iris Därmann spüren Irene Albers und Heike Behrend den Transformationen des Autobiografischen nach und betonen dabei besonders die pathischen Aspekte der Ethnografie, die »Menschwerdung in wechselseitiger Spiegelung«.
Irene Albers ist seit 2004 Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und für Romanische Philologie an der Freien Universität Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehört das Verhältnis von Literatur und Ethnologie im Umfeld des Surrealismus und des Collège de Sociologie, speziell bei Michel Leiris. Publikationen u.a.: Der diskrete Charme der Anthropologie. Michel Leiris‘ ethnologische Poetik (2018); Das Collège de Sociologie 1937-1939 (dt. Ausgabe hg. zusammen mit Stephan Moebius); Photographische Momente bei Claude Simon (2002).
Heike Behrend war von 1994 bis 2012 Professorin für Afrikanistik an der Universität zu Köln, außerdem arbeitete sie auch als Kuratorin zu fotografischen Praktiken in Afrika und war an mehreren Dokumentarfilmen beteiligt. Publikationen u.a. Contesting Visibility. Photographic Practices and the »Aesthetics of Withdrawal« along the East African Coast (2013); Resurrecting Cannibals. The Catholic Church, Witch-Hunts and the Production of Pagans in Western Uganda (2011). Menschwerdung eines Affen. Eine Autobiografie der ethnografischen Forschung (2020) wurde 2021 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse für Sachbuch / Essayistik ausgezeichnet.
Iris Därmann ist Professorin für Kulturtheorie und Kulturwissenschaftliche Ästhetik am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. Publikationen u.a. Widerstände. Gewaltenteilung in statu nascendi (2021); Undienlichkeit. Gewaltgeschichte und politische Philosophie (2020). 2022 wurde sie mit dem Sigmund Freud Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet.