Amber Carpenter
Aufklärung östlich von Suez finden
Erleuchtung wandelte Siddhartha Gautama zum Buddha und stand im Zentrum seiner Lehre. Ein Trick der Übersetzung macht es damit scheinbar einfach, die
Aufklärung östlich von Suez zu finden, denn das englische Wort ‘Enlightenment’ meint sowohl Aufklärung als auch Erleuchtung. Dieser Doppelsinn ist nur auf den
ersten Blick zufällig, er verweist auf eine überraschende Verwandtschaft zwischen buddhistischer Erleuchtung und europäischer Aufklärung: Beide teilen das Bekenntnis zu Universalismus und eigenständigem, unabhängigen Denken sowie den nüchternen Optimismus, dass der leidvolle Zustand der Menschheit verbessert werden kann. Dass Buddhismus und Aufklärung diese Ideale teilen, verweist zum einen auf deren allgemeine Bedeutung, zum anderen aber auch darauf, dass sie weltweit in verschiedenen Formen zu finden sind. Diese kulturelle Vielfalt eröffnet einen kreativen Raum für eine zeitgemäße Revision und Weiterentwicklung der aufklärerischen Ideale.
Amber Carpenter ist Visiting Professor am King’s College London. Sie hat zahlreiche Arbeiten zur antiken griechischen Philosophie und der indisch-buddhisti-
schen Philosophie veröffentlicht. Zuletzt leitete sie ein internationales Forschungsprojekt über buddhistisch-platonische Beziehungen (buddhistplatonist-
dialogues.com), aus dem der Sammelband Crossing the Stream, Leaving the Cave (2024) hervorging. Sie interessiert sich für Fragen der Metaphysik, der Er-
kenntnistheorie und der Ethik. Forschungsstipendien erhielt sie von den Universitäten Yale, Melbourne und York, vom Einstein Forum und dem Templeton Re-
ligious Trust (Ethical Ambitions and Their Formations of Character, Teil des Moral Beacon Project). Ihre Monografie Indian Buddhist Philosophy erschien 2014. Im Rahmen des Integrity Project (integrityproject.org) war sie 2020 Mitherausgeberin des Bandes Portraits of Integrity.
Vortrag im Rahmen der Tagung Enlightenment in the World
Lecture at the conference Enlightenment in the World