Peter Beinart, Daniel Cohn-Bendit
Anti-Zionism Can Be Anti-Semitic. Zionism Too
Es gibt keine zwangsläufige Verbindung zwischen Antizionismus und Antisemitismus, weder theoretisch noch empirisch. Tatsächlich legen Belege nahe, dass in den USA Zionist*innen eher antisemitische Ansichten vertreten als Antizionist*innen, sofern man einer traditionellen Auffassung von Antisemitismus folgt. Das ist wenig überraschend, denn wenn man Juden und Jüdinnen nicht in seinem Land haben will, kann es helfen, wenn sie ein separates Land haben. Und wer findet, eine vorherrschende Ethnie, Religion oder rassifizierte Gruppe solle gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen gesetzlich privilegiert sein, findet Juden und Jüdinnen im Land problematisch, da sie als Minderheit oft gegen solche gesetzlichen Diskriminierungen protestieren. Doch Israel mögendiese Menschen bewundern, weil es ein Modell für gesetzliche Verankerungen solcher Hierarchien darstellt. Das erklärt, weshalb es für viele rechtsextreme Führungspersonen nur konsequent erscheint, im eigenen Land den Antisemitismus zu befeuern und gleichzeitig Israel zu verherrlichen.
Peter Beinart ist Professor für Journalismus und Politikwissenschaft an der Newmark School of Journalism der City University of New York. Er ist außerdem Chefredakteur von Jewish Currents und politischer Kommentator bei MSNBC. Beinart hat unter anderem für das Wall Street Journal, die Financial Times und die Frankfurter Allgemeine Zeitung geschrieben. Zu seinen Büchern gehören The Good Fight (2006) und Die amerikanischen Juden und Israel: Was falsch läuft (2012, dt.: 2013).
Daniel Cohn-Bendit gilt als Ikone der Revolten von 1968. Er gründete das Stadtmagazin Pflasterstrand und war Dezernent für Multikulturelle Angelegenheiten in Frankfurt am Main. Von 1994 bis 2014 war er Abgeordneter der deutschen und französischen Grünen im Europaparlament. Cohn-Bendit moderierte Radio- und Fernsehsendungen wie den Literaturclub in der Schweiz. Heute ist er Publizist und veröffentlichte zuletzt den Dokumentarfilm Wir sind alle deutsche Juden (2021).