Vortrag
Samstag, 6.7.2019, 18:00h

Carey Harrison

(New York)

Althusser and Truth

Die Ideen des marxistischen Denkers Louis Althusser, die bei traditionellen wie innovativen Marxisten gleichermaßen auf Widerspruch stießen, sind aus dem Mainstream der linksgerichteten Philosophie verschwunden. Grund dafür ist eine häusliche Tragödie, die Althussers Vermächtnis verständlicherweise beeinträchtigte: Bekanntlich ermordete er seine Frau Hélène; nach eigener Aussage beging er die Tat im Schlaf. Hier stellt sich bereits die Frage nach der Wahrhaftigkeit: Ist Althussers Darstellung Glauben zu schenken oder nicht? Es ist kaum überraschend, dass Althusser aufgrund seines verwirrten Geisteszustands nach Hélènes Tod klinisch behandelt wurde. Schließlich hatten sich das Ehepaar schon geraume Zeit in einer bipolaren Spirale der gegenseitigen Abhängigkeit mit sowohl manischen als auch depressiven Phasen bewegt. Es geht mir in meinem Vortrag nicht darum, Althussers Unschuldsbehauptung erneut zu verhandeln, vielmehr möchte ich die Frage der Glaubwürdigkeit allgemein betrachten, und zwar – nachdem Althussers einzigartige marxistische Philosophie in jüngere Zeit wieder verstärkt wahrgenommen wird – in Althusser’schen Begriffen, die vermutlich die traditionellen wie die innovativen Marxisten einmal mehr vor den Kopf stoßen werden.

Carey Harrison wurde während des Blitz, der Bombardierung durch die deutsche Luftwaffe, in London geboren. Unmittelbar nach Kriegsende brachte man ihn nach Amerika, wo er in den letzten 74 Jahren immer wieder gelebt hat. Er studierte in Großbritannien an der Harrow School und der University of Cambridge und unterrichtete an der Essex University. Im Anschluss lehrte er Komparatistik an der Cornell University, der University of California in San Diego, der University of Texas in Austin, am Florida Institute for Technology und, während der letzten 20 Jahre, an der City University of New York. Er hat 16 Romane und mehr als 200 Theaterstücke und Drehbücher für Fernsehen, Theater, Radio und Film geschrieben. Seine Arbeiten wurden in 37 Ländern gezeigt und in 13 Sprachen übersetzt. 2016/2017 erhielt er ein Fellowship des Wissenschaftskollegs zu Berlin für seine Romane.

Veranstaltung in englischer Sprache