Lecture
Tuesday, May 13, 2025, 7:00 PM

Kai Sina

Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik, Universität Münster

Was gut ist und was böse. Thomas Mann als politischer Aktivist

Gesprächsleitung: Friedhelm Marx, Bamberg

Als politischer Intellektueller wurde Thomas Mann über Jahrzehnte hinweg selten wirklich ernst genommen, soweit man ihn nicht rundheraus ablehnte. Die Gründe hierfür führen tief in die (west-)deutsche Mentalitätsgeschichte nach 1945. Es ist an der Zeit, diese Wahrnehmung nachhaltig zu korrigieren. Zu würdigen ist ein Autor, der sich über Jahrzehnte hinweg öffentlich für Freiheit und Demokratie einsetzte – entschieden, widerständig, nicht selten unter persönlichem Risiko. Im Zentrum des Vortrags steht weniger ein systematisches politisches Denken als eine Praxis der Intervention, die Thomas Manns intellektuelles Selbstverständnis prägt – und die nicht erst im amerikanischen Exil beginnt, sondern bereits in der Weimarer Republik. Sein „sozialer Aktivismus“, zu dem er sich 1930 ausdrücklich bekennt, zeigt sich exemplarisch in seinem Eintreten gegen Antisemitismus und für den Zionismus. Es ist seine Antwort auf den politischen Rechtsruck der Zwanzigerjahre, den er bereits 1921 als „Hakenkreuz-Unfug“ verwarf.

Kai Sina ist Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Transatlantische Literaturgeschichte an der Universität Münster. Seine Forschungen führten ihn u.a. nach Chicago und nach Princeton. Ausgezeichnet wurde er mit dem Wissenschaftspreis der Fritz Behrens Stiftung. 2020 wurde ihm eine Lichtenberg-Professur der VolkswagenStiftung verliehen. Gemeinsam mit Hans Rudolf Vaget (Northampton, MA) erarbeitet er derzeit eine kommentierte Edition der im amerikanischen Exil entstandenen Essays Thomas Manns. Sein kürzlich erschienenes Buch Was gut ist und was böse. Thomas Mann als politischer Aktivist (Berlin 2024) ist daraus hervorgegangen.