Gunter Gebauer
Stolz auf die Anderen. Epische Gefühle im Sport
Früher war es verpönt, sich mit den Leistungen von Anderen zu schmücken. Stolz auf »unsere« Fußballmannschaft gehört heute zum geselligen Verhalten deutscher Mitbürger. Was ist es für ein Gefühl, wenn man Stolz auf Handlungen empfindet, an denen man nicht beteiligt ist? Und Stolz auf Akteure, zu denen man nicht die geringste Beziehung hat, die in einer anderen Sphäre leben als man selbst?
Alles dies gab es schon einmal, in grauer Vorzeit: Im Epos. Leben heute epische Gefühle, zu denen Großmut und Gelassenheit, aber auch Scham und Schande gehören, wieder auf?
Gunter Gebauer, Professor für Philosophie und Sportsoziologie an der Freien Universität Berlin, studierte Philosophie, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Linguistik und Sportwissenschaft in Kiel, Mainz und Berlin (FU und TU). Er promovierte 1969 mit einer Arbeit zur Sprachphilosophie Wittgensteins an der TU Berlin und habilitierte sich 1975 an der TU Karlsruhe mit einer Arbeit zur Theorie des Verstehens. 1978 folgte er dem Ruf an die Freie Universität Berlin. Er ist Mitbegründer und Sprecher des Interdisziplinären Zentrums für Historische Anthropologie, Leiter des Forschungsprojekts Die Aufführung der Gesellschaft in Spielen im Sonderforschungsbereich Kulturen des Performativen und Projektleiter im Exzellenzcluster Languages of Emotion. Gebauer war Gastprofessor in Hiroshima, Rennes, Straßburg und Paris. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Historische Anthropologie, Sprachtheorie und Sozialphilosophie. Zu seinen Veröffentlichungen zählen: Mimesis. Kultur – Kunst – Gesellschaft (zus. mit Ch. Wulf, 1992); Spiel – Ritual – Geste. Mimetisches Handeln in der sozialen Welt (zus. mit Ch. Wulf, 1998); Habitus (zus. mit B. Krais, 2002); Poetik des Fußballs (2006); Wittgensteins anthropologisches Denken (2009).