Christoph König
Rilke, der Skeptiker. Zu den späten Gedichten
›Insistierendes Lesen‹ ist das methodische Motto meiner Neulektüre der Sonette an Orpheus von Rainer Maria Rilke. Die Ergebnisse meiner Analysen werden demnächst als Buch erscheinen und in dem Vortrag exemplarisch vorgestellt werden. Aus meiner Sicht ist nicht das Esoterische, Philosophische, Mythopoetische oder das Musikalische für Rilkes Werk kennzeichnend; Rilke schreibt vielmehr als Skeptiker, der die Möglichkeitsbedingungen poetischer Erkenntnis hinterfragt, und dessen Werk im Zuge dieser poetischen Reflexionsarbeit entsteht. Möglich wird diese Einsicht dank einer insistierenden Lektüre, die zur Kreativität selbst führt. Dieses Verfahren soll beispielhaft an Rilkes Sonett Giebt es wirklich die Zeit, die zerstörende? verdeutlicht werden – das Insistieren, die methodische Hartnäckigkeit gilt dem Gedicht selbst, seinen Übersetzungen sowie verschiedenen Interpretationen in der Rilke-Forschung. Ziel ist nicht in erster Linie das Begreifen dessen, was ergreift, sondern das Verstehen der Art und Weise, wie in der Lektüre verstanden wird.
Christoph König studierte Germanistik, Philosophie und Amerikanistik an der Universität Innsbruck und ist seit 2005 Lehrstuhlinhaber für Neuere und neueste deutsche Literatur an der Universität Osnabrück. Zahlreiche Gastprofessuren und Fellowships, u.a. 2008/09 am Wissenschaftskolleg zu Berlin, sowie Mitgliedschaften, u.a. im International PEN / P.E.N.-Zentrum Deutschland.
Lothar Müller ist Publizist und Redakteur der Süddeutschen Zeitung.