Rüdiger Zill
First Love’s Discourse – Fragments
Wir reden nicht von erster Angst oder erstem Neid, aber oft und gern von der ersten Liebe, zumindest seit dem frühen 19. Jahrhundert. Eugène Scribe schrieb 1824 sein Lustspiel „Les premieres amours“, das Sören Kierkegaard dann in Entweder – Oder kommentiert hat; 1860 entstand Iwan Turgenjews berühmte Novelle „Erste Liebe“; seitdem reist die Zahl der Erzählungen mit diesem oder einem ähnlichen Titel nicht ab. Die erste Liebe – was immer wir darunter verstehen – will zur Sprache kommen. Wie aber macht sie das? Innerhalb der philosophischen Beschäftigung mit Emotionen wird von einigen Theoretikern in letzter Zeit die sogenannte Narrationstheorie favorisiert. Solch eine Narrationstheorie muss ihre Erklärungskraft nicht zuletzt an der ersten Liebe beweisen können. Mehr noch: Die erste Liebe ist sogar das beste Beispiel, wie man solch eine Theorie sinnvoll verstehen kann, weil man hier das Ringen um die Geschichten und ihr Entstehen am deutlichsten beobachten kann.
Rüdiger Zill, geb. 1958 in Berlin, studierte Philosophie, Geschichte und Soziologie in Berlin und London. 1994 Promotion in Berlin mit der Arbeit Meßkünstler und Rossebändiger. Zur Funktion von Modellen und Metaphern in philosophischen Affekttheorien. 1994–1997 Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Technischen Universität Dresden. Seit 1997 Wissenschaftlicher Referent am Einstein Forum, Potsdam. Zusammen mit Annalise Acorn Herausgeber der Zeitschrift Passions in Context. Ausgewählte Publikationen: Hinter den Spiegeln. Zur Philosophie Richard Rortys (Mit-Hrsg. 2001); Gestalten des Mitgefühls (Hrsg, 2006); Ganz Anders? Philosophie zwischen akademischem Jargon und Alltagssprache (Hrsg. 2007); Zum Lachen! (Mit-Hrsg. 2009); Metapherngeschichten. Perspektiven einer Theorie der Unbegrifflichkeit (Mit-Hrsg. 2011).