Europäische Universitäten in Gefahr. Budapest, Sankt Petersburg und Wilna


Lecture
Monday, Dec 11, 2017, 7 PM

Dr. Felix Ackermann

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Deutsches Historisches Institut Warschau

Europäische Universitäten in Gefahr. Budapest, Sankt Petersburg und Wilna

Gesprächsleitung: Prof. Dr. Gesine Schwan, Berlin

Was ist der politische Preis für akademische Autonomie im Jahr 2017? Im EU-Mitgliedsland Ungarn wurde eigens ein Gesetz verabschiedet, um die Budapester Central European University zu schließen. In Wilna arbeitet seit 2005 eine belarussische Universität mit Unterstützung der Europäischen Kommission im litauischen Exil. Und in Sankt Petersburg wurde der Europäischen Universität im September 2017 die Lehrlizenz entzogen. In allen drei Fällen sind formell demokratisch legitimierte, in ihrer Praxis aber illiberale, repressive Staaten gezielt gegen die Freiheit der Wissenschaft vorgegangen. Die staatliche Bedrohung der Universitäten ist jeweils Teil einer breiteren Kampagne zur Bekämpfung einer vermeintlichen kosmopolitischen Bedrohung des Vaterlands.
Doch die Solidarität akademischer Gemeinschaften muss sich nicht allein als Reaktion auf staatliche Unterdrückung bewähren. Die Europäische Humanistische Universität in Wilna, die der Demokratisierung von Belarus dienen soll, wurde selbst zu einem Ort der Ausgrenzung Andersdenkender, des Rechtsbruchs und der Repression.
Die aktuellen Angriffe werfen die Frage auf: Wem gehört eigentlich die Universität? Und wer entscheidet letztlich über ihre zukünftige Ausrichtung?

Felix Ackermann ist Historiker und Stadtanthropologe. Er promovierte 2008 in Frankfurt (Oder) bei Karl Schlögel über Stadtraum und Ethnizität in der heute belarussischen Stadt Grodno und lehrte von 2011 bis 2016 an der Europäischen Humanistischen Universität in Wilna. Seit Februar 2016 forscht er in Warschau zur Geschichte des Gefängniswesens im geteilten Polen-Litauen. In diesem Jahr erschien bei Suhrkamp sein Buch Mein litauischer Führerschein: Ausflüge zum Ende der europäischen Union.

Gesine Schwan ist Präsidentin der Humboldt-Viadrina Governance Platform.