Jonathan Keir
Der Neue Konfuzianismus und die Aufklärung
Im 20. Jahrhundert sah sich der Konfuzianismus mit seiner eigenen Vergangenheit und dem Verlust seiner Popularität konfrontiert. Der Song-Ming-Neokonfu-
zianismus stützte sich zu seiner Erneuerung auf fremde (d.h. buddhistische) Elemente. Ganz ähnlich greift auch der von kosmopolitischen Persönlichkeiten wie Tu Weiming geprägte zeitgenössische Neue Konfuzianismus unweigerlich auf westliche Ressourcen zurück: Ohne die Aufklärung wäre keine neokonfuzianische Erneuerung möglich gewesen. Gleichzeitig geht der Neue Konfuzianismus über die Mentalität der Aufklärung hinaus: Tu Weiming versteht sein Konzept des spirituellen Humanismus, das im Zentrum des Vortrags steht, ausdrücklich als konfuzianisches Gegenmittel gegen den in seiner Sicht übertriebenen säkula ren Humanismus der Aufklärung.
Jonathan Keir lehrt am Weltethos Institut an der Universität Tübingen und verantwortet das Projektmanagement im Bereich Ethik der Karl Schlecht Stiftung. 2018/19 arbeitete er als Gastwissenschaftler am Institute for Advanced Humanistic Studies der Universität Peking. Zu seinen aktuellen Publikationen gehören Peking Eulogy (2020), Four Humanisms in One Day (2021) und The House that Fromm Built (2022). Sein aktuelles Forschungsprojekt Ends of Europe analysiert die Schriften von 50 internationalen Autor:innen im Blick auf die Debatte um die europäische Identität.
Vortrag im Rahmen der Tagung Enlightenment in the World
Lecture at the conference Enlightenment in the World