Kai Vogeley
Das Gehirn. Ein soziales Organ
Kognitive Prozesse, die das Verständnis des Erlebens oder Verhaltens von sich selbst oder anderen zum Zweck der Kommunikation und Interaktion betreffen, werden auch als sozial kognitive Prozesse bezeichnet. Dabei ist die Fähigkeit essentiell, zwischen den eigenen mentalen Prozessen und solchen anderer Personen zu unterscheiden. Sie sind Schlüsselthemen der kognitiven Neurowissenschaft geworden und haben mittlerweile ein eigenes Forschungsfeld der sozialen Neurowissenschaft (social neuroscience) begründet. Neurowissenschaftliche Studien mittels funktioneller Bildgebung zeigen, dass insbesondere die anterior medial präfrontal und temporoparietal gelegenen Hirnregionen maßgeblich an diesen Prozessen beteiligt sind. Interessanterweise sind diese Regionen auch unter Ruhebedingungen, dem sog. Hirnruhezustand (default mode of the brain), aktiv. Diese Überlappung von Aktivierung bei selbstreferentiellen und sozial kognitiven Prozessen einerseits und beim Hirnruhezustand andererseits lässt die neurobiologisch gestützte Spekulation zu, dass wir eine natürliche Disposition für selbstreferentielle und soziale Kognition haben.
Kai Vogeley ist seit 2004 Universitäts-Professor für Psychiatrische Früherkennung und Prävention und Leitender Oberarzt und Leiter der Arbeitsgruppe Bildgebung an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum der Universität zu Köln. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen: Neurobiologische Korrelate der Schizophrenie; Neuropsychologie und neurale Korrelate des Perspektivwechsels; Philosophische Grundlagen der Psychiatrie und Neurowissenschaften.