Florian Wüst
Berlin Underground
West-Berlin der 1980er Jahre im Film: Das »Schaufenster des freien Westens« ist eine Insel, eine invertierte Festung, ein erweiterter Innenraum, der zwischen Wohnung, Stammkneipe, nächtlicher Fahrt über die Stadtautobahn und verwilderten Brachflächen changiert. Die Ruinen der Moderne sind zu künstlerischen Freiräumen geworden. Diese besondere urbane und soziale Topografie, die Ulrike Ottinger zu ihrer Berlin-Trilogie inspirierte, zeichnet Florian Wüst anhand ausgesuchter Filmbeispiele nach. Er erzählt dabei die Geschichte radikaler Subjektivität und Selbsterfindung bis in die Abgründe der neoliberalen Wende hinein fort: die prekären Arbeits- und Lebenswelten der Selbstvermarktung in Tatjana Turanskyjs Eine flexible Frau (2010), die sich im Bild der längst dem Ausverkauf preisgegebenen Stadt widerspiegeln.
Florian Wüst arbeitet als freischaffender Filmkurator in Berlin. Er kuratiert Filmprogramme und Ausstellungen für internationale Kunstinstitutionen, Kinos und Festivals. Gemeinsam mit Stefanie Schulte Strathaus veröffentlichte er das Buch Wer sagt denn, dass Beton nicht brennt, hast du’s probiert? Film im West-Berlin der 80er Jahre (2008). Wüst ist Mitgründer der Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt, einer fortlaufenden Publikationsreihe, die die sozialen, kulturellen und ökonomischen Veränderungen in Berlin und anderen Städten thematisiert.