Projekt 9. Mai
Sieg – Befreiung – Besatzung. Kriegsdenkmäler und Gedenkfeiern zum 70. Jahrestag des Kriegsendes im postsozialistischen Europa
In diesem Jahr jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa zum 70. Mal. Der Sieg der Roten Armee über NS-Deutschland wird in vielen Ländern Europas feierlich begangen. Der 9. Mai, der Tag des Sieges, ist wahrscheinlich der am weitesten verbreitete zelebrierte Kriegsgedenktag der Welt. Während er in Moskau von wirkungsmächtigen Militärparaden begleitet wird, spielt er auch jenseits der russischen Grenzen eine zentrale Rolle – als ein immaterieller Erinnerungsort, der Gemeinschaft stiften und politische Positionen zum Ausdruck bringen kann.
Dennoch sind die Gedenkfeiern zum 9. Mai in der Forschung bislang unterbelichtet geblieben. Weder in Russland noch in anderen postsowjetischen Staaten wie Belarus oder der Ukraine wurden die sozialen Praktiken des Gedenkens an diesem Tag untersucht. Dabei unterliegt das Gedenken an den Krieg und sein Ende in den letzten Jahren einem grundlegenden Wandel. Tradierte Muster werden um neue Elemente erweitert, die auf neue soziale Funktionen und politische Zielsetzungen hinweisen. Die Einsicht, dass die staatliche Symbolpolitik in Wechselwirkung mit lokalen Erinnerungsgemeinschaften wie etwa Veteranenverbänden sowie mit Alltagspraktiken des Kriegsgedenkens steht, wirft für die historische, soziologische und ethnologische Forschung einen dichten Komplex an Fragen auf. (+)
Parallel dazu wurde die Ausstellung Der 9. Mai. Formen des Gedenkens an das Kriegsende 1945 erarbeitet und vom 8. Mai bis 30. August 2015 im Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst gezeigt.
Das Projekt 9. Mai: Sieg—Befreiung—Besatzung wird von der Graduiertenschule Ost- und Südosteuropastudien, der Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur und dem Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst gefördert.