Die Festung Großfriedrichsburg, die im späten 17. Jahrhundert vom Kurfürsten-
tum Brandenburg an der Küste des heutigen Ghanas errichtet wurde, fungierte
während Jahrzehnten als logistische Infrastruktur im transatlantischen Sklaven-
handel der Brandenburgisch-Africanischen Compagnie. Im Kontext der Kolonial-
propaganda des Deutschen Reiches wurde Großfriedrichsburg ab dem ausge-
henden 19. Jahrhundert rückwirkend als »erste deutsche Kolonie« in Afrika ge-
feiert. Heute ist diese triumphalistische Rhetorik mehrheitlich einer kolonialis-
muskritischen Wertung gewichen – die Idee, wonach Großfriedrichsburg eine
brandenburgisch-preußische Kolonie gewesen sein soll, hält sich indes hartnä-
ckig. Untersucht man die Interaktionen zwischen europäischen und afrikani-
schen Akteuren, die sich im 17./18. Jahrhundert vor Ort entwickelt hatten, stellt
man allerdings fest, dass die Geschichte der befestigten Handelsniederlassung
weder auf eine Dialektik zwischen Kolonisierten und Kolonisatoren reduziert
noch als eine rein brandenburgisch/deutsche Angelegenheit gelesen werden
kann. Ausgehend vom Fallbeispiel Großfriedrichsburg stellt sich insofern die
Frage, welche Aspekte vergangener Verflechtungen als ›kolonial‹ zu konzipieren
sind und welche nicht.