Martin Bunzl
Paradise Lost. Humboldt’s World in the Era of Climate Change
Unser heutiges Verständnis der Natur und unserer Beziehung zu ihr gehen auf Humboldt zurück: Wir stehen außerhalb der Natur. Daraus ergibt sich eine Reihe binärer Setzungen, die den Diskurs bestimmen: das Natürliche und das Unnatürliche, das Natürliche und das Menschengemachte, das Natürliche und das Synthetische etc.
In der Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir dem Klimawandel begegnen können, prägen diese diskursiven Setzungen unsere Bewertung, welche Handlungen akzeptabel (z.B. das Pflanzen von Bäumen) und welche inakzeptabel (z.B. Geoengineering) sind. Wir können jedoch, so meine These, nur angemessen auf den Klimawandel reagieren, wenn wir diese binären Setzungen hinterfragen. Dazu müssen wir sie als Konstrukte und uns als Teil der Natur begreifen, wir müssen verstehen, wie wir die Natur in den letzten 10.000 Jahren mitgeformt und verändert haben.
Martin Bunzl hat vor seiner Emeritierung vierzig Jahre Philosophie an der Rutgers Universität gelehrt. Seine aktuelle Arbeit ist an der Schnittstelle von Philosophie und Umweltforschung angesiedelt, sein besonderes Interesse gilt dem Klimawandel. Dabei beschäftigt er sich mit den Themen Risiko und Verantwortung. Über diese und andere drängende Fragen schreibt er in seinem Blog www.mbunzl.com; dort finden sich auch weiterführende Informationen zu seiner Forschung. In seinem gerade erschienenen Buch Thinking while Walking: Reflections on the Pacific Crest Trail (2021) lädt er die Leser:innen dazu ein, über alltägliche Fragen (was macht Abfall zu Abfall?) ebenso nachzudenken wie über tiefgreifende Themen (wie werden wir unserer Pflicht der Natur gegenüber gerecht?).