Vortrag
Samstag, 9.2.2008, 11:30h

Susanne Klengel

Professorin für Romanistik, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Vom Realen der Illusion des Realen der Illusion. Macondo und McOndo

Gesprächsleitung: Prof. Dr. Thomas Bremer, Halle/Berlin

Macondo, die imaginäre Stadt des Magischen Realismus, gilt seit ihrer literarischen Gründung im Jahre 1967 als Inbegriff und Abbild einer spezifisch lateinamerikanischen Realität. Immer wieder ist seither die „wunderbare Wirklichkeit“ lateinamerikanischer Texte für Identitätsbestimmungen herangezogen worden, und auch philologische Arbeiten, die die wirkmächtige Illusionstechnik des magisch-realistischen Schreibens enthüllen, haben ihrerseits oft die Identitätsfrage auf der Ebene der Ästhetik wiederholt. Das Oxymoron ist heute nicht nur ein weltweit bekanntes Etikett, sondern auch eine sehr umstrittene Denkfigur in der Diskussion über kulturelle Alterität. „McOndo“ steht für den jüngsten Versuch latein-amerikanischer Schriftsteller, den Macondismo der llusionsfabrikation zu überführen. In meinem Vortrag werde ich zunächst die Illusionstechniken des magisch-realistischen Schreibstils darstellen und dafür auch Material aus der Kunst und dem Film heranziehen. Zweitens möchte ich die langlebige Hassliebe zum Magischen Realismus, die immer wieder auf Desillusionierung zielt, und ihre möglichen Gründe erläutern.

Susanne Klengel hat Lateinamerikanistik und Brasilianistik sowie Kommunikationswissenschaften an der FU Berlin studiert. Sie wurde mit einer Arbeit zum Surrealismus in Europa und Lateinamerika promoviert (1992) und habilitierte sich mit einem Thema zur Geschichte latein-amerikanischer Intellektueller im Europa der Nachkriegszeit (2001). Sie war an der FU Berlin, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität Erfurt tätig. Seit 2004 ist sie Inhaberin des Lehrstuhls für Spanische und Portugiesische Kulturwissenschaft und Lateinamerikanistik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Germersheim. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Literaturen und Kulturen Lateinamerikas, die Geschichte der ästhetischen Avantgardebewegungen, Kulturen in Grenzräumen und Kulturtransfer, interkulturelle Intellektuellengeschichte, Bild/Text-Beziehungen. Veröffentlichungen: Amerika-Diskurse der Surrealisten. „Amerika“ als Vision und als Feld heterogener Erfahrungen (1994); Mit-Hg.: Kultur, Übersetzung, Lebenswelten. Beiträge zu aktuellen Paradigmen der Kulturwissenschaft (erscheint 2008), Mit-Hg.: Das dritte Ufer. Vilém Flusser und Brasilien. Kontexte – Migration – Übersetzungen (erscheint 2008).